Wenn Katzen kratzen: kleine Krallen, große Wirkung
05.05.2023 - Lesedauer: 2 Minuten
Gerade noch wird mit Samtpfoten gespielt, dann fährt der Stubentiger die Krallen aus. Ehe man es sich versieht, hat man ein blutendes Streifenmuster auf dem Arm. Das ist jedem Katzenhalter schon passiert und von der Katze selten böse gemeint. Beim Katzenkampf und der Jagd sind die Krallen unverzichtbare Verteidigungswaffen. Doch ihre Krallen kann die Katze noch für viele andere Dinge einsetzen.
Hiebwaffe, Greifer, Kletterhilfe, Präzisionswerkzeug: Eine Katzenkralle ist ein kleines Wunderwerk. Im Gegensatz zu Hunden, Reptilien und Nagern können Katzen ihre Krallen einziehen. Das erlaubt ihnen das lautlose Anschleichen an ihre Beute auf den weichen Pfotenballen. Die Krallen werden erst bei Bedarf aktiviert. Das schützt vor übermäßiger Abnutzung.
An den Vorderpfoten haben Katzen je fünf, hinten nur vier sichelförmig gebogene Krallen, die sie durch Anspannung eines Muskels und Dehnung der Sehnen hervorstrecken können. Die Kralle selbst ist ein verhornter Hautfortsatz, der hauptsächlich aus Keratin besteht und auf einem Knochen aufsitzt, dem sogenannten Krallenbein. Katzen können mithilfe ihrer Krallen geschickt an angerauten Oberflächen wie Baumstämmen emporklettern und nach kleinen Objekten angeln.
Im Alltag der Katze sind ihre Krallen vor allem für eines nützlich: zum Kratzen.
Es gibt drei Gründe, warum Katzen kratzen:
- Als Waffe: Wenn die Katze sich gegen einen Angreifer verteidigen muss oder selbst einen gezielten Hieb austeilen möchte, sind die Krallen wirksame Verteidigungswerkzeuge. Die Katzenpfoten selbst sind nämlich, in Relation zum Körper, eher klein und weich, kein Vergleich zu den mächtigen Pranken, auf denen andere Tiere unterwegs sind. Die spitzen Krallen, die die Katze für so manchen unerfahrenen Angreifer ganz unerwartet zum Einsatz bringen kann, sind wirkungsvolle Werkzeuge. Sie können dem Gegner, je nach Situation, einen kleinen Kratzer verpassen oder einen nachhaltigen Schmerz zufügen, wenn sie eine empfindliche Körperstelle treffen.
- Als Markierung: Katzen stecken ihr Revier ab und kennzeichnen Objekte als ihr „Eigentum“ mithilfe von Markierungen. Das geschieht üblicherweise durch das Absetzen von Harn oder das Verteilen von Duftstoffen aus Drüsen an der Wange. Allerdings spielen optische Markierungen eine ebenso wichtige Rolle in der Katzengesellschaft: Die Tiere bringen Sichtmarken an, indem sie ihre Kratzspuren an Objekten hinterlassen. Mit scharfer Kralle werden Kratzer an Baumstämmen, Wänden und dergleichen verewigt. Zudem haben Katzen auch an den Fußballen Drüsen mit Pheromonen, die beim Kratzen Duftmarken hinterlassen. Wenn die Katze in der Wohnung die Tapete ankratzt, ist das also kein Vandalismus, sondern die bündige Mitteilung: Hier wohne ich.
- Als Maniküre: Katzenkrallen wachsen beständig nach. Damit sie nicht zu lang werden und die Katze letztlich behindern, muss sie die Hornsubstanz abnutzen. Das geschieht durch regelmäßiges Kratzen an geeigneten Oberflächen. Dabei splittern die äußeren, übereinander liegenden Hornschichten ab und neue Krallensubstanz kommt zum Vorschein.
Abgewöhnen kannst und sollst du es ihr gar nicht: Katzen müssen kratzen, es ist ein völlig natürliches Verhalten. Leben Katzen mit Menschen zusammen, kann das Kratzen manchmal zum Problem werden.
Die Situation lässt sich aber entschärfen:
- Kratzen an Gegenständen: Wenn die Katze sich an Möbeln und Tapeten zu schaffen macht, obwohl ein Kratzbaum vorhanden ist, versuche herauszufinden, ob dieser der Katze aus irgendeinem Grund nicht zusagt. Vielleicht ist der Standort ungünstig gewählt oder der Baum wird von einer anderen Katze in Beschlag genommen. Womöglich ist der Samtpfote einfach der Weg zum nächsten Kratzbaum zu weit. Daher sollte in jedem Zimmer ein absolut stabiles Kratzmöbel zur Verfügung stehen. Das muss nicht überall ein ausladender Kratzbaum sein: Auch Kratztonnen, Kratzbretter und Kleinmöbel aus Wellpappe erfüllen ihren Zweck. Mach Katzenmöbel für das Tier attraktiv, beispielsweise mit Katzenminze oder Pheromonsprays. Belohne die Katze, wenn sie den Kratzbaum benutzt, und unterbinde Kratzen an verbotenen Stellen mit einem deutlichen „Nein“. Heb die Katze sofort sanft auf und setz sie vor den Kratzbaum, bis sie den Zusammenhang versteht. Lässt die Katze sich von einer bestimmten Kratzecke nicht abhalten, untersuch die Stelle: Ist dort etwas, was die Katze anstachelt, vielleicht eine Duftmarkierung eines Artgenossen? Bring im Zweifelsfall dort ein an der Wand befestigtes Kratzbrett an.
- Menschen kratzen: Deine Katze neigt zu Jähzorn oder Abwehrverhalten, vermöbelt Artgenossen und macht beim Streicheln und bei Pflegemaßnahmen auch vor deinen Händen nicht halt? Meist ist das Kratzen keine vorsätzliche Aggression, sondern eine Übersprunghandlung in einer Stresssituation, aus Angst oder – auch das gibt es – ein Reflex bei einer kitzligen Katze. Versuch zu ergründen, ob die Katze verängstigt oder auf Krawall gebürstet ist. Respektiere das Berührungstabu und versuch nicht, die Katze gegen ihren Willen anzufassen. Lenke sie in einer akuten Stresssituation ab, sodass die Anspannung sich löst. Verfestigt sich die Aggression ohne erkennbaren Anlass, solltest du beim Tierarzt abklären lassen, ob es organische Ursachen gibt.
Ein Grund für exzessives Kratzen kann auch übermäßiges Wachstum der Krallen sein. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Verletzte oder ältere Tiere, die zum Beispiel durch Arthrose Schmerzen haben, wetzen ihre Krallen weniger. Selten hat ein vermehrtes Krallenwachstum organische Ursachen. Bei gesunden Katzen mit ausreichend Wetzmöglichkeiten entsteht dieses Problem nicht. Eventuell musst du mit Pediküre nachhelfen, bevor die Katze an einem Teppich oder Vorhang hängen bleibt und sich verletzt. Ist es unvermeidbar, der Katze die Krallen ein Stück zu kürzen, brauchst du einen Krallenknipser oder eine Krallenschere sowie für alle Fälle einen Blutstillstift (Drogeriebedarf). Zudem sollte die Katze an die Prozedur gewöhnt sein und sich ohne Abwehrreaktionen an den Pfoten berühren lassen. Mit einem sanften Druck auf die Pfotenoberseite schiebst du die Krallen hervor, bei Tieren mit hellen Krallen kannst du das Mark und die Hornspitze deutlich unterscheiden. Knipse die Krallenspitze mit genügend Abstand zum Mark ab. Wenn du dir das Krallenkürzen allein nicht zutraust, geh zum Tierarzt.